An G. K. Chesterton

Lieber Chesterton,
für meinen Flug von München nach Münster griff ich mir im letzten Moment ein schmales Bändchen mit Ihren Erzählungen um Father Brown aus meiner Bibliothek. Ich habe es nicht bereut. Mit ihm ist Ihnen eine Figur gelungen, die Scharfsinn, Neugier, Spürsinn und Humor mit einem unerschütterlichen Glauben verbindet. Auch in meinen kriminalistischen Gehversuchen tauchen geistliche Herren auf. Kriminalrat Schönheit hat einen Bruder, der es bis zum Monsignore gebracht hat und im nächsten Roman in Venedig unter Mordverdacht geraten wird.

Aristide Ateba, den kleinen, aber immer für eine Überraschung guten, afrikanischen Pater habe meinem Münsteraner Ermittler Friedrich von Coes an die Seite gestellt. Ich muss sagen, er entwickelt sich erstaunlich gut und stets mehr in Richtung eines Kameruner Father Brown mitten in Westfalen.

Am meisten, lieber Chesterton, fehlt mir allerdings im Augenblick Ihr geliebtes Irland. »Unser« kleines Haus an der Westküste haben wir seit über zwei Jahren nicht gesehen, das Rauschen des Meeres am Frühstückstisch nicht gehört. Mir fehlen das Grün, die langen Spaziergänge und die vielen kleinen Kirchen, die nicht nur zu einem Besuch, sondern zu einer Begegnung mit dem Herrn einladen. Sie schrieben einmal, »Das unglaubliche an Wundern ist, dass sie geschehen«. Wollen wir hoffen, dass Sie Recht behalten.

Father Brown zitiert gerne Augustinus. »Wenn man sich zu sehr bemüht, hinter die Dinge zu blicken, sieht man am Ende die Dinge selbst nicht mehr.« Dieser Satz brachte mich aus meinen irischen Träumen in die Wirklichkeit zurück. Wissenschaft und gewählte Volksvertreter scheinen momentan genau dies zu tun, anstatt zuversichtlich und zupackend zu handelnd. Ich finde die Mutlosigkeit, den Mangel an Gottvertrauen und das politische Kalkül enttäuschend.

Lieber Chesterton, Sie werden in wenigen Jahren Ihren 150. Geburtstag feiern, können also getrost über den Unfug, der hier auf Erden geschieht, schmunzeln oder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.
Vermutlich tun Sie beides. Bleiben Sie mir gewogen.

Herzlichst,
Ihr,
Thomas Michael Glaw

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Advent in Münster

In der Vorweihnachtszeit bin ich gerne in Münster. Wegen der Atmosphäre, um ein wenig einzukaufen, um Freunde zu treffen. Dieses mal auch um zu lesen. Nicht nur, dass ich gerne lese. Ich treffe auch wirklich gerne die Menschen, die willens sind mir zuzuhören. Ich lese in ihren Gesichtern, ob und wenn etwas gelungen ist, ebenso, wie ich Zweifel wahr nehme.

Es ist ein Geben und Nehmen. Man hat mich schon oft gefragt, ob ich vom Theater komme. Nein. Ich lese einfach gerne. Und ein wenig Drama ist nie verkehrt. Es macht einfach Spaß.

Es war durchaus spannend mein Münsteraner Publikum  in die Welt des nachdenklichen Münchner Kriminalrats Benedict Schönheit einzuführen. Entgegen der landläufigen Meinung, gibt es ein München jenseits der Schickeria.

Und natürlich gibt  es auch da Mord und Totschlag.

Viel interessanter war an diesem Abend jedoch die Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, eine Kreuzwegmeditation zu schreiben. Das Leiden und Sterben Christi mit Gedanken zur gegenwärtigen Zerstörung der Schöpfung zu verknüpfen, ist eine wirkliche Herausforderung.

Ich befürchte meine Weihnachtstage werden nicht ganz so ruhig werden, wie ich mir vorgestellt hatte. Unruhe ist die Wurzel aller Veränderung. Und wenn wir wollen, dass alles so bleibt wie es ist, dann brauchen wir Veränderung.

Das ist nicht von mir, das ist Giuseppe Tomasi di Lampedusa, dem Autor von „Il Gattopardo“. Euch allen noch eine erwartungsfrohe Zeit. Bald ist Weihnachten.